Können Narzissten lieben?
Narzissten können nicht lieben. Das liest und hört man sehr oft von Psychologen oder Narzissmus-Experten. Aber ist das wirklich so?
Warum fühlt es sich aber so verliebt, leidenschaftlich und nach Liebe an?
War dann all die Zeit der Beziehung umsonst und all das Erlebte nur ein groteskes Schauspiel?
„Katja, hat er/ sie mich je geliebt?“, ist eine der mir am meisten gestellten Fragen im Coaching.
Diese Frage kann man nicht so einfach mit JA oder NEIN beantworten, denn hier muss man genauer hinsehen. Sicherlich haben Narzisst*innen einen Grund, warum sie sich dir anschließen, diese Seelenverwandtschaft aufbauen und dich mit Lovebombing überschütten. Aber ist das Liebe?
Meines Erachtens versuchen Narzisst*innen hier einen inneren Mangel oder eine Leere in sich zu füllen. Sie können sich allein nicht fühlen und brauchen Menschen im Außen, die ihnen Gefühle spiegeln, mit denen sie sich auffüllen. Das bedeutet, Narzisst*innen BRAUCHEN jemand im Außen, um emotional zu überleben. Demnach tun sie alles dafür, jemanden für sich zu gewinnen und kämpfen auch ab und zu darum, diesen Menschen nicht wieder zu verlieren. Man ist also wichtig in seinem Leben. Aber ist das Liebe?
In einer gesunden Partnerschaft sieht man den Menschen an seiner Seite als Bereicherung. Beziehungen sind dazu da, dass man sich gegenseitig sieht, beflügelt, unterstützt und füreinander da ist. Ansonsten bräuchte man doch keine Beziehung. Partnerschaften, die sich nicht positiv auf den Menschen auswirken, sollte man nicht weiter aufrechterhalten, denn sie brennen einen nur aus. Gesunde Beziehungen, die aus Liebe zum anderen immer tiefer wachsen und verbinden, stehen auf einem Fundament der Liebe.
In toxischen Partnerschaften allerdings ist das Fundament das BRAUCHEN und nicht die Liebe. Hier werden Partner*innen missbraucht, damit der andere sich gut fühlt und spürt. Die innere Leidenschaft beruht mehr darauf, ohne den anderen nicht leben zu können, weil man nicht allein sein kann. Es geht also nicht um den Menschen an sich, sondern vielmehr darum, jemanden zu haben. Man spricht hier auch von Objektliebe. Narzisst*innen gehen immer sehr schnell von einer Beziehung in die nächste. Sie sorgen bereits für eine weitere Versorgungsquelle, bevor sie ihre bestehende Partnerschaft beenden. Das ist genau das Schmerzliche für zurückgelassene Partner*innen. Die Frage: „Bin ich so leicht ersetzbar?“, kratzt schrecklich am Ego. Die Antwort ist: „Ja, bist du!“ Denn Narzisst*innen geht es nicht um die Person, sondern um das versorgt sein. Und ja, da sind sie nicht wirklich wählerisch und suchen sich Menschen aus, die sie leicht für sich gewinnen können. Die viel narzisstische Zufuhr geben, sie bewundern und aufwerten, und die bereit sind, sich und ihr Leben für sie aufzugeben. Was denkst du nun selbst? Ist DAS Liebe? Wohl nicht.
Narzisst*innen lieben also auf eine ganz andere Weise als du. Sie lieben, weil sie nicht allein sein können, und deshalb bist du ihnen wichtig. Du aber liebst die Person. Denn ottmals höre ich im Coaching: „Nie wieder finde ich einen Menschen, der mich so liebt, der so seelenverwandt mit mir ist und mit dem ich so guten Sex habe.“ Von deiner Seite aus, liebst du die Person, die nicht so leicht von jemand anderen ersetzt werden kann.
Du verstehst, dass in toxischen Beziehungen beide Partner*innen anders die LIEBE definieren: Während der eine sich völlig aufgibt, nutzt der andere das zutiefst aus und missbraucht ihn für seine eigenen Bedürfnisse.
Für mich ist das keine Liebe.
Der Psychoanalytiker Erich Fromm hat das sehr gut auf den Punkt gebracht. In einer gesunden Beziehung sagt er, heißt es: „Ich brauche dich, weil ich dich liebe.“ Wohingegen es in einer toxischen Beziehung heißt: „Ich liebe dich, weil ich dich brauche.“